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News Park Innovaare

Cross-Engineering für lokale Produktionsindustrie

Warum Innovation ohne Zielbild nicht funktioniert, wie interdisziplinäre Teams Lösungen erarbeiten und weshalb Technologie immer einem Nutzen dienen muss: Dr. Alexander Schavkan, Leiter des Standorts von cross-ING am Park Innovaare spricht über neue Technologien, Trends oder seine Beziehung zum Innovationspark.



cross-ING ist vor einigen Monaten in den Park Innovaare gezogen: Was macht cross-ING?

cross-ING ist ein interdisziplinäres Engineering-Unternehmen mit Hauptsitz in Winterthur. Wir unterstützen Unternehmen aus verschiedensten Branchen dabei, innovative Lösungen zu entwickeln – von der ersten Idee bis zur marktreifen Umsetzung. Unsere Expertise reicht von Maschinenbau und Elektronik über Softwareentwicklung bis hin zu Projekt- und Prozessmanagement. Dabei setzen wir auf ein agiles, cross-funktionales Team von ca.200 Ingenieurinnen und Ingenieuren, die mit Leidenschaft und Know-how an zukunftsweisenden Projekten arbeiten. 

Welche Beziehung hat cross-ING zum Park Innovaare. Und wie sieht die Zwischenbilanz aus? 

cross-ING ist seit November 2024 Mieter im Park Innovaare, allerdings haben wir von Anfang an den Aufbau des Ökosystems als Aktionär unterstützt. Wir konnten dadurch unser Netzwerk deutlich erweitern, spannende Projekte mit Partnern aus dem Park und der Region anstossen und unser Innovationspotenzial gezielt stärken. Die inspirierende Umgebung sowie der Zugang zu “shared Infrastructure”: Laboren, Werkstätten, Reinräumen und hochqualifizierten Fachkräften erweisen sich als klarer Standortvorteil und ermöglichen für unsere Kunden Prototypenentwicklung mit überschaubaren Investitionen. 

Welche Branchen oder Unternehmen im Aargau gehören zu Ihren wichtigsten Partnern oder Kunden – und wie gestalten Sie diese Beziehungen?

Im Aargau arbeiten wir vor allem mit Unternehmen aus den Branchen Maschinenbau, Energie und Medizintechnik sowie mit den Forschungsinstituten zusammen. Zu unseren wichtigsten Partnern und Kunden zählen sowohl etablierte Industriebetriebe als auch innovative KMU und Start-ups, die auf agile Entwicklung und technologische Exzellenz setzen. Am wichtigsten sind für uns das Vertrauen und die resultierende langfristige Zusammenarbeit. 

Park Innovaare und das Paul-Scherrer-Institut PSI sind eng miteinander verbunden. Sehen Sie sich auch als Brückenbauer zwischen Forschung und Industrie?

Die Nähe zum Paul Scherrer Institut PSI ist für cross-ING von grosser strategischer Bedeutung. Durch unsere Präsenz im Park Innovaare sind wir in der Lage, frühzeitig an Forschungsimpulse anzuknüpfen und diese in industrielle Entwicklungsprojekte zu überführen. So leisten wir einen aktiven Beitrag zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden und Partnerunternehmen.

Sie sind selbst Physiker und haben in einer früheren Tätigkeit für den Park Innovaare gearbeitet? Welchen Einfluss hat das auf Ihre heutige Tätigkeit?

Mein physikalischer Hintergrund und meine frühere Tätigkeit bei Park Innovaare prägen meine heutige Arbeit in mehrfacher Hinsicht. Als Physiker habe ich an ähnlichen Anlagen gearbeitet, wie SLS und swissFEL, was mir ein tieferes Verständnis der Forschungswelt ermöglicht und bei der Bewertung von Innovationsprojekten und technologischen Geschäftsmodellen hilft. Die Zeit bei Park Innovaare hat mir zudem wertvolle Einblicke in die Schnittstelle zwischen Forschung und Industrie gegeben – insbesondere, wie aus wissenschaftlicher Exzellenz marktfähige Innovationen entstehen können.

Wie begegnet cross-ING neuen Technologie-Trends, wie Künstlicher Intelligenz, Automation oder Additiver Fertigung – und welche Rolle spielen diese im Alltag Ihrer Kunden?

Diese Entwicklungen spielen zunehmend eine zentrale Rolle im Alltag unserer Kunden – sei es zur Effizienzsteigerung, Produktindividualisierung oder Verkürzung von Entwicklungszyklen. Wir haben diese Bereiche auch erfolgreich in unser Netzwerk an Competence Centren integriert.

Unsere Aufgabe sehen wir darin, neue Technologien nicht als Selbstzweck zu betrachten, sondern als Werkzeuge, die gezielt zur Lösung konkreter Herausforderungen eingesetzt werden. Dabei unterstützen wir unsere Kunden von der Machbarkeitsanalyse über prototypische Umsetzungen bis hin zur Integration in bestehende Systeme.

Welches sind die grössten Stolpersteine bei der Einführung von neuen Technologien oder bei der Umsetzung von Projekten: Welchen Ratschlag geben Sie Unternehmen häufig?

Einer der häufigsten Stolpersteine bei der Einführung neuer Technologien ist ein fehlendes gemeinsames Zielverständnis zwischen den Projektbeteiligten. Auch unklare Anforderungen, mangelnde Ressourcen oder die Unterschätzung des Change-Managements können die Umsetzung erheblich verzögern. Technologische Herausforderungen lassen sich meist lösen – entscheidend ist oft der menschliche und organisatorische Faktor.

Unser Rat an Unternehmen lautet daher: Nehmen Sie sich am Anfang ausreichend Zeit für eine saubere Bedürfnisanalyse und ein gemeinsames Zielbild. Kleine, fokussierte Pilotprojekte helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und Akzeptanz aufzubauen. Und nicht zuletzt: Binden Sie Ihre Mitarbeitenden frühzeitig ein – denn neue Technologien entfalten ihren Wert nur dann, wenn sie im Alltag auch verstanden und mitgetragen werden.

Gibt es Technologien, bei denen Sie sagen: «Hier entsteht gerade etwas Revolutionäres»?

Ja, definitiv. Gerade jetzt werden die Lösungen in Cybersecurity wichtiger denn je. Mit den neuen EU-Vorschriften, verstärktem Einsatz der Smart-Anwendungen, aber auch der Einbindung von Künstlicher Intelligenz werden neue noch sicherere Systeme gebraucht und das für jeden Anbieter, welcher Sensoren und Datenaustausch im Produkt hat. 

Gerade auf Quantenphänomene basierte Verschlüsselungstechnologien sowie Algorithmen, die gegen Quantencomputer abgesichert sind, werden bald von immenser Bedeutung sein. Schon jetzt hat NIST die ersten Gitter-basierten Verschlüsselungsstandards bestätigt. Ob und wann die Quantencomputer kommen, ist noch unklar, aber stärkere Algorithmen und echte Quantenverschlüsselungen werden auf jeden Fall gebraucht werden. 

Die Schweiz belegt regelmässig Spitzenplätze in der Innovationsbewertung. Wie schätzen Sie die Innovationskraft der Schweizer Industrieunternehmen? 

Die Schweizer Industrie zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Innovationskraft aus – gleichzeitig sehen wir ein wachsendes Interesse an agilen Methoden und einer offeneren Innovationskultur – ein vielversprechender Weg, um auch künftig an der Spitze zu bleiben. Es gibt allerdings oft noch eine Lücke zwischen den Ideen und deren industriellen Umsetzung. 

Gibt es aktuelle Innovationsprojekte, auf die Sie besonders stolz sind – gerade im Kontext von Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Industrie 4.0?

Im Rahmen der Baden Summer School 4.0 organisieren wir z.B. einen Hackathon, der Lösungen für ein Problem im Bereich “Predictive Controls” bringen soll. In diesem Fall geht es um Temperaturkontrolle im Vakuum, die nach Möglichkeit mit KI-Einsatz gesteuert werden soll. Um die Herausforderung so Realitätsnah, wie möglich zu gestalten, bekommen wir echte Daten von einer Testkammer vom Paul-Scherrer-Institut.

Über Alexander Schavkan

Dr. Alexander Schavkan (1985) studierte Physik in Dresden und promovierte in Hamburg. Sein wissenschaftlicher Fokus liegt auf Synchrotronstrahlung, Metrologie, Statistik und Datenanalyse. Alexander Schavkan war in Berlin mehrere Jahre als Physiker tätig, bevor er als Technischer Berater in die Wirtschaft wechselte und später am Switzerland Innovation Park Innovaare als Business Development Manager tätig war. Seit 2024 leitet er den neuen Standort von cross-ING in Aargau, ebenfalls am Park Innovaare.<o:p></o:p>